- Gherardesca
- Gherardẹsca[-ka], toskanisches Adelsgeschlecht langobardischer Herkunft, seit dem 10. Jahrhundert historisch nachgewiesen, seit dem frühen 11. Jahrhundert in Pisa ansässig, wo ein Tedicio della Gherardesca 1190 erster Podestà wurde. Ugolino della Gherardesca, Graf von Donoratico (✝ 1289), zunächst Anhänger der ghibellinischen, dann der guelfischen Partei, versuchte als Podestà (seit 1284) und Capitano del popolo (seit 1285) in Pisa ein persönliches Regiment aufzurichten, galt aber aufgrund wechselnder Bündnisse bald beiden Parteien als verdächtig. 1289 wurde er von dem ghibellinischen Erzbischof Ruggiero Ubaldini gestürzt und als Verräter in einem Turm gefangen gesetzt, wo er mit mehreren Söhnen und Enkeln verhungern musste. Erst im 14. Jahrhundert stiegen die Gherardesca in Pisa für kurze Zeit wieder zu führender Stellung auf; ein Zweig der Familie ließ sich im 16. Jahrhundert in Florenz nieder und gewann dort Ansehen als Mitglied des Stadtadels. - Das Ende des Ugolino della Gherardesca wurde erstmals von Dante literarisch verarbeitet, der den Tyrannen ins Eis des Infernos versetzte, G. Chaucer nahm die grausige Geschichte in die »Canterbury tales« auf. Dramatische Gestaltung erfuhr die Hungerturmtragödie durch H. W. von Gerstenbergs »Ugolino« (1768), einem frühen Werk des Sturm und Drang. Weitere Bearbeitungen des Stoffes stammen u. a. von J. J. Bodmer (Historiendrama »Der Hungerturm in Pisa«, 1769), A. F. von Schack (Historiendrama »Die Pisaner«, 1872) und S. von Vegesack (historische Erzählung »Das Weltgericht von Pisa«, 1947).
Universal-Lexikon. 2012.